Von Neugründung bis Traditionsverlag: 28 Verlage sorgen zur Leipziger Buchmesse für frischen Lesestoff aus Tschechien
Insgesamt 28 Verlage bringen zum Gastlandauftritt Tschechiens 60 aus dem Tschechischen übersetzte Titel auf die Bühnen der Leipziger Buchmesse und der Stadt Leipzig. Dazu gehören Neuübersetzungen von tschechischen Klassikern ebenso wie Romane, Kinder- und Jugendbücher, Lyrikbände, Sachbücher sowie Comics und Anthologien zeitgenössischer Autoren.
Romane in Hülle und Fülle: von Balaena über Luchterhand und Suhrkamp bis Voland & Quist
Mehrere in Deutschland bereits bekannte tschechische Autorinnen und Autoren sind dabei, so etwa Literaturhaus-Preisträger Jaroslav Rudiš mit seinem neuen, erstmals auf deutsch verfassten Roman "Winterbergs letzte Reise"(Luchterhand Literaturverlag), Radka Denemarková, die ihr neues Buch "Ein Beitrag zur Geschichte der Freude"(Hoffmann und Campe) vorstellt und Jáchym Topol, der mit "Ein empfindsamer Mensch" (Suhrkamp Verlag) erstmals nach zehn Jahren einen neuen Roman vorlegen wird. Außerdem kommt einer der Stars der tschechischen Literaturszene nach Leipzig: Pavel Kohout, Wortführer des Prager Frühlings und Mitverfasser der legendären Charta 77. Er präsentiert "Aus den Tagebüchern eines Europäers" (Osburg Verlag 2019), und wird eine Ausstellung über sein Leben und Werk eröffnen.
Zu den neu zu entdeckenden, in Tschechien bereits sehr erfolgreichen und herausragenden Schriftstellerinnen und Schriftstellern gehört Iva Pekárková, Leipziger Residenzautorin im Monat Dezember, mit ihrem Roman "Noch so einer"(Wieser Verlag 2019). Sie thematisiert die eigenen Fluchterfahrungen vor 1989 und setzt sich seit langem gegen Fremdenfeindlichkeit ein – gerade in der heutigen Tschechischen Republik eine wichtige Stimme.
Kateřina Tučková, die aktuelle Residenzautorin in Leipzig, kommt zur Buchmesse mit "Gerta. Das deutsche Mädchen" (Klak Verlag), das die gemeinsame deutsch-tschechische Geschichte, Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg beleuchtet – ein Thema, das viele Menschen auch hierzulande noch immer bewegt und in Tschechien vehement diskutiert wird.
Bianca Bellová ("Am See", Verlag Kein & Aber) und Jan Němec ("Die Geschichte des Lichts", Osburg Verlag) sind die zwei tschechischen EU-Literaturpreisträger unter den Leipziger Gästen. Und Marek Šindelka ("Der Fehler", Residenz Verlag) gilt als vielversprechendes Talent unter den jüngeren Autoren in der tschechischen Literatur.
Mit Marek Toman ("Die große Nachricht vom schrecklichen Mord an Simon Abeles", Wieser Verlag) und Karel Poláček (1892-1945, "Die Bezirksstadt", Reclam) sowie Karol Sidon ("Traum von meinem Vater", ars Vivendi Verlag) sind wichtige jüdische Themen vertreten.
Weitere spannende Romane zeitgenössischer tschechischer Autoren haben die Verlage Balaena, Braumüller, Drava, Edition Korrespondenzen, Gerhard Hess, Karl Rauch, Klak, Voland & Quist sowie Wieser im Gepäck. Hierzu gehören die Dichter, Schriftsteller und Übersetzer Michael Ajvaz und Petr Borkovec, Eugen Brikcius, Dora Čechova, Sylvia Fischerová, Jiří Hájíček, der Werbetexter und Journalist Emil Hakl, Dora Kaprálová, Jiří Kratochvil, Vratislav Maňák, Markéta Pilátová, Tereza Semotamová, Petra Soukopová, Stanislav Struhar, die Lehrerin und Politikwissenschaftlerin Trützschler von Falkenstein, Michal Viewegh, Martin Vopěnka und Theaterwissenschaftlerin Alena Zemančíková. Neue Graphic Novels präsentieren die edition Clandestin mit Petr Stančiks Werk "Pérák" und Voland & Quist mit "Tschechenkrieg" von Jan Novák/Jaromir99.
Klassiker in Neuübersetzungen
Den Zugang zu den Klassikern der tschechischen Literatur verdanken Leser den beiden Verlagen Kētos und Reclam. Der 1828 gegründete Reclam Verlag stellt in Leipzig den Roman "Die Bezirksstadt" von Karel Poláček (1892-1945) vor. Der Kētos Verlag wurde hingegen erst im Herbst 2018 mit dem Fokus auf die Anfänge tschechischer Literatur und Literatur aus der Antike gegründet. In Wien und Prag ansässig präsentiert er in Leipzig "Briefe im Feuer", eine Auswahl von Briefen von Karel Hynek Mácha (1810-1836), "Valerie und die Woche der Wunder – Surrealistischer Schauerroman" von Vítězslav Nezval (1900 -1958) und "Der blutige Roman - Versuch um den Typus des idealen Schundromans"von Josef Váchal (1884-1969).
Kein Klassiker der Literatur, aber der Politik, ist der weit über die Grenzen Tschechiens hinaus bekannte Schriftsteller und Diplomat Jiří Gruša (1938-2011), dessen zehnbändige Werkausgabe anlässlich der Leipziger Buchmesse mit Band 10 "Reden und Gespräche" vom Wieser Verlag nun abgeschlossen ist.
Im Januar geht es dann weiter mit Informationen zu weiteren Genres im Programm des Gastlandes Tschechien.
Grafik: Martin Hrdina